Julian Orlowski: „Das ist das wahre Leben“
Heiß begehrt ist der frisch geräucherte Fisch vom Fischhändler Julian Orlowski immer freitags auf dem Markt.
09.04.21 Es ist sieben Uhr Freitagmorgen und sehr kalt, einige Grad im Minus. Ich sollte nicht so früh wegen des Interviews kommen, hatte Julian Orlowski gesagt. Er müsse erst alles in Ruhe vorbereiten, bevor er Fragen beantworten könne.
Er selbst ist immer schon um 6 Uhr da auf dem Parkplatz vor dem Markt am Netto. Als ich eintreffe, sitzt er auf einem kleinen Campinghocker neben dem großen Hänger, auf dem der Räucherofen eingebaut ist. Unter dem Ofen lodert schon eine Weile das Feuer.
Julian Orlowski legt das belegte Baguette beiseite, von dem er noch schnell ein Stück abbeißt, dann schiebt er Holz in die kleine Feuerstätte nach. „Rote Erle“, erklärt er, die brenne am besten und gebe den richtigen Rauch.
Die Fische hängen auch schon im Ofen. Nachdem richtig angeheizt ist, müssen sie ungefähr 90 Minuten räuchern.
Sein Markttag fängt um 4 Uhr an. Die Behälter mit den eingelegten Fischen müssen eingepackt werden, ansonsten hat er das Auto inklusive Hänger schon am Abend zuvor fertiggemacht für die Abfahrt.
Freitags ist sein Markstand in der Marzahner Promenade. Seit sieben Jahren fährt er nur noch an drei Tagen zu einem Markt in Berlin. Davor 10 Jahre lang fünf Tage die Woche. Aber das war doch sehr hart, sagt der Fischhändler.
Um 22 Uhr endet der Tag
Bis gegen 16.30 – 17 Uhr geht ein Markttag, dann nach Hause fahren, auspacken, die Marktstandsachen säubern, die frisch eingetroffenen Fische ausnehmen, salzen, Auto und Hänger neu packen - der Arbeitstag endet nicht vor 22 Uhr.
Die freien Tage jetzt sind aber auch nicht wirklich frei. Vieles muss ein Gewerbetreibender noch erledigen. Demnächst baut er wieder einen neuen Räucherofen. Selbst der beste Edelstahl hält die Räucherei nur eine gewisse Zeit durch.
„Diese Arbeit, das ist für mich das wahre Leben“, sagt Julian Orlowski mit tiefer Überzeugung. Es sei befriedigend zu sehen, wie die Menschen sich freuen, wenn sie von ihm die frisch geräucherten Fische gern kaufen.
Kälte gewohnt
Gegen 9 Uhr ist der Fisch fertig geräuchert. „Ich erkenne das an der Farbe, am Geruch, wenn es gut ist“, erklärt er.
Während er alles zusammenpackt, den Hänger mit dem mit lecker geräucherten Fischen gefüllten Ofen am Auto befestigt und zum Marktplatz rüberfahrt, bin ich total durchgefroren.
Er merke die Kälte kaum noch, sagt er, er sei es gewohnt. Schlimmer sei oft die große Hitze im Sommer.
Jeden Freitag warten viele Menschen auf "ihren Fischmann" und seine heiß begehrten Räucherfische.
Auf dem Markt warten schon, wie jeden Freitag, zahlreiche Menschen in langer Schlange auf „ihren Fischmann“. Nachdem er das Auto neben dem Markt abgestellt hat, zieht er den Hänger per Muskelkraft den letzten Rest zum Markt hoch und baut seinen kleinen Stand auf. Es beginnt heftig zu schneien. Ein Kunde ruft ihm zu: „Beeil dich, wir schneien hier noch ein“.
Bis zum letzten Bückling
Während ich nach meinem Interview vor Kälte bibbernd nach Hause radel und mir ein heißes Bad einlasse, steht Julian Orlowski nun den Tag über in der Kälte auf dem Markt und verkauft seine Räucherfische. Bis er den letzten Aal oder Heilbutt oder Bückling aus dem Ofen genommen und an die begierige Kundschaft gereicht hat.
Uta Baranovskyy