KRIMI-SERIE

"Vergesst es, ich bin kein Feigling! Ihr könnt euch…"

 Krimi-Serie, geschrieben von Mitgliedern der Schreibwerkstatt der Zentralbibliothek "Mark Twain" gemeinsam mit Autor Vincent Kliesch. - hier mehr

29.01.23   -  Kapitel 2

Shannons Worte hinterließen einen Moment erstaunter Stille. Die drei Attentäter hatten sich auf Seiten der Tür in eine lose Linie gestellt.

Wer den Raum verlassen wollte, musste zwischen Francis und Shannon hindurch.

Shannon, die durch ihre Brillengläser schaute wie ein Computer durch seine Kamera, alles erfassend, berechnend und links von ihr Francis.

Sie hätte normal wirken können, eine weitere junge Sportlehrerin, wären da nicht die Ausdrücke von Schreck und grimmiger Genugtuung gewesen, die sich auf ihrem Gesicht ein Duell lieferten.

Und war das ein roter Fleck auf ihrer sonst makellos weißen Sportjacke? Rechts neben ihr fummelte Hans-Werner am Kragen seines Rollkragenpullis.

Die Schüler standen auf der entgegengesetzten Seite des Raumes bei den Regalen voller Akten.

Alle, außer Lucia, die gelangweilt durch den Raum gelaufen war, um eine gute Stelle für ein Kellerselfie zu finden, bevor Shannon plötzlich vor ihr aufgetaucht war.

Tom hatte Amy gerade einen Aktenordner abgenommen, um ihn in ein besonders hohes Regal zu stellen. Helena stand allein mit dem Staubbesen da, während ihre Partnerin Zara bei Jannis stand, um ihm den dritten Papierflieger abzunehmen, den er nach Amy werfen wollte. Markus stand am entgegengesetzten Ende des Bücherregals und faltete etwas aus einem bedruckten Stück Papier. … eine Katze? Das unfertige Papiertier segelte auf den Boden, als die drei Attentäter den Raum betraten und sich die Schüler zu den unerwarteten Eindringlingen umdrehten.

Jannis war der erste, der sich von Shannons Worten erholte. Kein Wunder, denn er hatte weder einen Sinn für angemessenes Verhalten noch für Konsequenzen. Er verzog sein Gesicht zu einem diabolischen Grinsen und fing an, eine imaginäre Katze zu streicheln: «Ihr werdet uns schon voranbringen.» Er legte eine dramatische Pause ein und fuhr mit noch mehr Melodramatik fort: «Ob ihr wollt … oder nicht! Eins Plus für den Akt als Bond-Bösewicht, aber für die Rolle siehst du leider nicht fies genug aus.»

Francis Gesicht verzog sich vor Wut und ihre Hand zuckte zu ihrer Hüfte, aber Shannon zischte: «Warte!» Sie hatte bei Jannis’ Beleidigung keine Miene verzogen. «Wir wollen euch nicht verletzen, aber wir wollen auch, dass euch klar ist, was für euch auf dem Spiel steht.» Shannon warf Francis einen Blick zu. Diese zog mit einem Lächeln in Jannis Richtung langsam einen schwarzen Gegenstand aus einer Tasche an ihrer Hüfte.

«Die ist doch niemals echt», sagte Tom laut. Aber selbst er klang von seinen Worten nicht ganz überzeugt. «Der Knall!» Alle drehten sich zu Zara um, ihr Gesicht hatte alle Farbe verloren und sie trat einen vorsichtigen Schritt nach hinten, sodass sie mit dem Rücken zum Regal stand. «Wen? Einen Lehrer? Oder …» Zara riss die Augen auf. «Herr Markgraf!» Lucia, die immer noch vor allen anderen Schülern stand, schaute Zara an, dann Francis und die Waffe in ihrer Hand.

Ihre Augen weiteten sich und sie fing an, sich kaum merklich nach hinten zu bewegen. Shannon sah Zara an und hob die Augenbrauen: «Nicht dumm» und zu Francis gewandt: «Meinst du, das ist sie?» «Für die Langsameren unter euch», Francis warf Jannis einen gezielten Blick zu. «Euer Hausmeister ist tot. Also denkt zweimal darüber nach, wie ihr was zu uns sagt. Wir erwarten von euch, dass ihr bleibt, wo ihr seid und tut, was wir sagen. Ist das klar?» Amy senkte den Kopf und nickte, auch die anderen signalisierten mehr oder weniger fügsam ihre Zustimmung.

Von den Schülern blieb nur Tom inaktiv. Sein Gesicht war angespannt, die Lippen zusammengepresst und der Kopf steif, sodass auch ja keiner glauben würde, er nickte. Die Nachricht vom Tod des Hausmeisters hing schwer im Raum, doch sie erschien so surreal, dass noch keine angemessene Angst zu spüren war. Nur ein Gefühl des Unglaubens, gemischt mit wachsendem Unwohlsein machte sich breit. «Gut», sagte Shannon, «Wir werden euch jetzt durchsuchen.

Kommt einer nach dem anderen zu dem Mann neben mir, Handys könnt ihr ihm auch gleich geben, er wird sie sowieso finden.» «Die Handys wurden uns von …», Helenas Stimme brach, sie schluckte und fuhr fort. «Die Handys wurden uns vor dem Nachsitzen abgenommen. Ihr werdet also nichts finden.» «Das werden wir dann sehen», sagte Francis. «Und jetzt los!» Für einen Moment reagierte keiner der Schüler. Alle schauten die anderen an, aber keiner rührte sich, bis Helena vortrat. Wenn es sonst keiner tat! Also Augen zu und durch!

Die Durchsuchung ging schnell, Hans-Werner ließ seine Hände über ihren Körper gleiten, ohne etwas zu finden. Als nächstes trat Amy mit entschlossenem Blick nach vorne. Tom wollte sie am liebsten an der Hand fassen und zurückziehen, aber wie immer, wenn es um Amy ging, traute er sich nicht. Tom sah zu, wie Hans-Werner Amy abtastete, von ihren Schultern bis zu ihren cappuccinofarbenen Händen.

Die Hände, die damals zahllose zerzauste Katzen und Hunde gestreichelt und gefüttert hatten, als sie ihn mit ins Tierheim genommen hatte. Sie waren damals gerade in die Schule gekommen und waren unzertrennlich gewesen. Sie war von zwei Hunden und einer Katze gebissen worden und hatte immer weiter gelächelt, gestreichelt und den Tieren mit ihrer ruhigen Stimme gut zugeredet. Und jetzt fuhr ihr dieser Typ mit der Hand über die Brüste. Toms Gesicht verzerrte sich und bevor er noch einmal darüber nachdenken konnte, schrie er: «Lass sie in Ruhe, du Perversling!»

Amy warf ihm einen schockierten Blick zu und sagte: «Tom, das ist lieb von dir, aber …» Tom hörte sie nicht und fuhr einfach fort: «Ihr erwartet, dass wir einfach machen, was ihr Scheiß-Mörder sagt?? Vergesst es, ich bin kein Feigling! Ihr könnt euch …» «Tom!» schrie Amy jetzt auch. «Sei leise, du bringst uns alle in Gefahr!» und dann ruhig an Hans-Werner gerichtet: «Entschuldigen Sie, er hat Aggressionsprobleme, bitte ignorieren Sie ihn, er meint es nicht so, er …» «Gut», unterbrach sie Hans-Werner, «Aber wir behalten dich im Auge, Junge.»

Es bereitete Tom eine gewisse Genugtuung zu sehen, dass der offenbar peinlich berührte Mann bei Zaras Durchsuchung ihre Brust und ihren Po kaum noch berührte, aber sie wurde gedämpft von der Erinnerung an Amys Worte und dem Blick, den sie ihm zugeworfen hatte. «Aggressionsprobleme.» Und der sachliche Tonfall, in dem sie es gesagt hatte. Es tat weh, obwohl er wusste, dass er aufbrausender war als andere Leute. Aber in diesem Fall war es verdammt nochmal gerechtfertigt gewesen! Aber als er dran war, warf ihm Amy einen flehenden Blick zu und er blieb still, egal, wie sehr ihm die Faust juckte.

Hans-Werner fand nichts außer einen Beutel voll getrockneter Blätter, Papierstreifen und ein Feuerzeug in Markus’ Tasche. Jannes musste dazu natürlich einen Kommentar abgeben, wenn auch nicht mit seiner üblichen Entspanntheit, aber seine Scherze halfen ihm in der unfassbaren Situation, ein Stückchen Normalität zu finden: «Ah, du läufst bekifft immer gegen Türrahmen! Das erklärt so viel, zum Beispiel, dass du es für eine gute Idee hältst, dir die Nägel zu lackieren.» Helena musste sich ein Lächeln verkneifen und Zara warf ihm einen wütenden Blick zu. Markus’ Gesicht zuckte leicht, aber er antwortete ruhig: «Wenigstens habe ich eine Begründung! Was ist deine dafür, dass in deinem Kopf Schlamm statt Gehirn ist?»

«Das reicht jetzt.» Sofort war alle Aufmerksamkeit wieder bei Francis und der Waffe, die sie immer noch in der Hand hatte, das Lächeln verschwand schlagartig von den Gesichtern. «Es gibt einen Grund, weswegen wir hergekommen sind», fuhr Shannon fort. «Wer von euch ist BitBiter?» Ihrer Frage folgten Stille und verwirrte Blicke der Schüler. «Der was? Ist das ein Influencer?», fragte Lucia. «Ihr müsst gar nicht so tun, als wüsstet ihr nicht, wovon wir reden.» Shannon zog ein Stück bedrucktes Papier aus ihrer Tasche und las es vor: Firewalls hoch – Die beste Hackerin Deutschlands

Der jährliche Cyber Security Contest ist ein Hacking Wettbewerb für junge Menschen. Hier wird analysiert und programmiert, was das Zeug hält! Die jungen Leute müssen kreativ sein, um in die Systeme hereinzukommen und sie ihrem Willen gefügig zu machen. Dieses Jahr ist die Siegerin dieses landesweiten Wettbewerbs noch nicht einmal alt genug, um Bier zu kaufen.

Es handelt sich um eine Schülerin der Mark-Twain-Gesamtschule. Auf die Frage, warum sie ihre Zeit gerne mit Hacking verbringt, antwortet sie: «Weil es mir Spaß macht. Andere Leute malen gern oder machen Musik, aber für mich ist Hacking auch eine Art kreative Aufgabe. Es gibt fast immer irgendeine Schwachstelle im System, man muss nur darauf kommen, welche das ist und wie man sie für sich nutzen kann. Damit meine ich aber nicht, dass ich Daten klaue oder so! Man kann auch moralisch hacken, indem man Sicherheitslücken, die man findet, an die Entwickler weitergibt. So kann man damit auch noch etwas Gutes tun! Außerdem gibt es online auch tolle HackerCommunities, in denen man sich austauschen kann, dann macht alles noch viel mehr Spaß!»

Angetreten ist dieses bemerkenswerte Mädchen unter dem Namen BitBiter … «Es war nicht so schwer, ein Forum zu finden, in dem BitBiter aktiv ist mit einem sehr aufschlussreichen Chatverlauf. Hier z.B.: Freitag, 11.11.2022, um 9.14 Uhr IloveHackey: Hey, hat jmd Bock auf morgen WoW zocken Toto57: lBin dabei Rigeldutz: 100%, ihr tot IloveHackey: Nice, was mit dir @BitBiter BitBiter: Sry, ich muss nachsitzen :( Rigeldutz: Sad life Ihr braucht also gar nicht so zu tun, als wüsstet ihr von nichts, eins von euch Mädchen muss es sein.» «Und was passiert dann mit dieser BitBiter?», fragte Helena.

«Wir tun ihr nichts», sagte Francis mit einem breiten Lächeln, was wohl beruhigend wirken sollte, aber eher die gegenteilige Wirkung hatte. Es folgte weiteres Schweigen. Lucia fummelte an ihren Fingernägeln herum, und Amy an ihrem pinken Zopf, Helena und Zara blieben auffällig ruhig. Schließlich fing Lucia an zu reden: «Also ich habe 300 000 Follower auf Instagram und poste jeden Tag mindestens eine Story! Da hätte man gesehen, dass ich eine berühmte Hackerin bin, ihr könnt nachschau»

«Wir wollen wissen, wer es ist und wenn sich nicht in den nächsten Sekunden jemand meldet, muss und werde ich nachhelfen, wir haben nicht ewig Zeit!», unterbrach sie Francis und richtete ihre Waffe auf Jannis, der mit großen Augen erstarrte. Jetzt fiel selbst ihm kein Witz mehr ein. «Fünf, vier …» Helena sah zu Zara hinüber, die gerade den Mund öffnete, als wollte sie etwas sagen, «drei, zwei …» «Ich bin es», schrie da Helena.

«Geht doch», lächelte Francis. «Gut, dann komm jetzt mit», sagte Shannon, «aber komm nicht auf dumme Gedanken!» Dann nahm sie Helena bei der Schulter, führte sie aus dem Raum und bemerkt im Rausgehen den Schlüssel, den Hausmeister Markgraf zuvor vergessen hatte. «Perfekt», murmelte sie und stecke den klimpernden Schlüssel in ihre Hosentasche. Zara starrte die Tür an, während sie sich hinter den beiden schloss. Sie hätte etwas sagen sollen, aber sie war wie erstarrt gewesen.

Sie hatte einfach zugeschaut, während ihre beste Freundin sonst wohin entführt wurde! «Warum musste es grade die Hübscheste von euch sein?» sagte Jannis mit rauer Stimme, die nur noch eine Spur seiner üblichen Scherzhaftigkeit enthielt. Zara drehte sich ungläubig zu ihm um. Dieser Idiot, war er nicht auch ein Freund von Helena? Wie konnte er über sowas Witze machen? «Checkst du nicht, was los ist, Jannis?», zischte sie gefährlich leise. «In unserer Schule wurde jemand erschossen, und du machst immer noch deine scheißdummen Witze?»

«Halt die Klappe, du hast die ganze Zeit nichts gemacht, um ihr zu helfen. Bist du nicht ihre beste Freundin?», konterte Jannis. «Und was hast du gemacht, du Idiot?», schrie Zara und packte Jannis an der Schulter. «Außer dumme Sprüche bringen, die unsere Situation nur noch schlimmer machen?» «Halt», rief Francis streng und lief zu den beiden hinüber, um sie zu trennen. Auch Hans-Werners Aufmerksamkeit war ganz auf die beiden gerichtet.

Tom nutzte die Gelegenheit und rannte los. Die beiden Attentäter stürzten ihm hinterher, aber zu spät, er hatte schon die Tür erreicht. Als Tom die Tür öffnete, grinste er. Tschüss ihr Ärsche, ich bin kein Feigling, der alles tut, was ihr sagt. Ich hole Hilfe! Und er dachte daran, wie Amy ihn zum Dank umarmen würde. Hans-Werner schrie und rannte ihm noch hinterher, aber Francis blieb im Raum und sagte: «Alles gut, mit dem Jungen kommt Pluto locker klar.»

Und tatsächlich schallte wenige Momente später ein Schuss durch das alte Schulhaus. Amy brach in Tränen aus. Tom rannte mit all seiner Kraft die Treppe hinauf und überlegte fieberhaft, was er nun tun sollte. Polizei rufen? Aber wie, ohne Telefon? Egal, erstmal raus hier. Er würde schon jemanden finden, einen Anwohner, Passanten, einen Hundebesitzer. Irgendwer würde schon unterwegs sein und ihm helfen können.

Außer Atem erreichte er das Erdgeschoss und öffnete die die Glastür zum Foyer. Er stoppte abrupt. Der Hausmeister. Nein, das darf nicht wahr sein. Steif vor Schock sah er in die leeren Augen des Hausmeisters, der nur wenige Schritte von ihm entfernt war. Tränen schossen ihm in die Augen. Tom bewegte sich keinen Millimeter mehr. «Ey, was machst du denn hier, Freundchen?» Plutos kräftige Stimme riss ihn aus seiner Schockstarre. Tom schüttelte den Kopf und realisierte gar nicht, wer da nun immer weiter auf ihn zu kam. «Ich rede mit dir, Kleiner.» Pluto kam immer näher.

Tom hatte sich gerade erst wieder gefangen, da rannte er wie automatisch los, die Gänge zu den Klassenräumen hinunter. Panisch überlegte er, wie er Pluto abschütteln konnte. Er steigerte sein Tempo erstaunlich schnell, Tom kam ins Keuchen. Lange würde sein Vorsprung ihn nicht mehr retten. Er bog um die Ecke und rannte, so schnell er konnte. Pluto kam ihm trotzdem immer näher. Tom sah kurz zurück, um den Abstand zwischen sich und Pluto ausmessen zu können, doch genau diese Sekunden kosteten ihn mehr als alles andere.

Er konnte in der schnellen Geschwindigkeit nicht mehr bremsen und der näherkommenden Säule ausweichen. Er rammte sie und fiel hin. In diesem Moment des Strauchelns erwischte Pluto ihn, fasste Tom am Ärmel und brachte ihn zu Boden. Tom wehrte sich mit aller Kraft. Mit einem mächtigen Tritt in die Magengrube verpasste er Pluto einen stechenden Schmerz, woraufhin dieser krampfhaft das Gesicht verzerrte. «Du kleiner Mistkerl …», presste er unter Schmerzen hervor. «Nna warte … Das wirst du bereuen.»

Tom zögerte keine Sekunde und holte zu einem Schlag aus, der

Sie mussten sich beeilen, es war schon zu viel Zeit vergangen und mehr als genug schiefgelaufen. Das hier war ihre einzige Chance und die würden sie nutzen. Es stand alles auf dem Spiel. Sie musste Helena gefügig machen, koste es, was es wolle. Wie weit war sie bereit zu gehen? Dieses Mädchen und die anderen waren gerade mal Teenager und hatten eigentlich gar nichts mit dem Ganzen zu tun. Sie waren genauso unschuldig wie sie damals.

Bei Helenas Anblick musste Shannon an ihre Schwester in jüngeren Tagen denken, vor dem Vorfall. Für diese oder deren Kinder würde sie alles tun, für alle, die ihr teuer waren. Auf einmal war Shannon ganz mulmig zumute. Doch jetzt, wo sie so nah am Ziel waren, konnte sie sich keine Zweifel erlauben. Sie würden siegen, dafür würde sie sorgen. «Was ist los?», unterbrach Helena Shannons Gedankengang. Sie hatte deren Stimmungswandel in ihrem Gesichtsausdruck beobachtet und war sich noch nicht im Klaren darüber, wie sie Shannon einordnen sollte.

Aber eigentlich betraf das die ganze Situation. Einerseits wirkte Shannon mit ihrer großen Gestalt, der bestimmerischen Art und den unterschwelligen Drohungen angsteinflößend und gefährlich, andererseits aber so, als wollte sie das alles gar nicht. Sie war nicht grob, sondern handelte bedacht. Doch der Schein konnte trügen.

Diese Bande hatte Blut an den Fingern und Helena wusste nicht, wozu sie noch bereit waren. Und sie wollte es lieber nicht herausfinden. Shannon holte aus ihrer Tasche einen Schlüssel, den sie aus dem Kellerarchiv mitgenommen haben musste, und öffnete die Tür zum alten Abstellraum. Helena trat vorsichtig ein und bemerkte zu ihrer großen Verunsicherung, dass Shannon die Tür hinter ihnen verschloss. Hier würde sie wohl erst einmal nicht wieder rauskommen.

Shannon holte nun aus ihrer Tasche einen Laptop, legte ihn vor Helena auf den Tisch und murmelte finster: «Ich hoffe für dich, du bist so gut, wie alle sagen», während sie auf den Startknopf des Laptops drückte. Pluto am Kiefer traf und nicht nur dafür sorgte, dass Pluto Blut spuckte und laut aufschrie, sondern auch Tom hielt sich kurz die Hand und verzog sein Gesicht wegen des stechenden Schmerzes. Pluto nutzte die kurze Pause, schlug zu und landete einen zielsicheren Schlag auf Toms Nase. Dieser wurde nun langsamer und konnte sich nicht mehr so gut wehren.

Pluto hielt seine Arme fest. «Nun biste nicht mehr so taff was, Kleiner? Bist aber ein ganz zäher Brocken, das muss man dir schon lassen.» Tom versuchte, sich mit aller Kraft aus Plutos Griff zu winden und bekam durch die Schmerzen in seinem Kopf nur einen kurzen Satz raus: «Ihr Arschgeigen habt euch mit den Falschen angelegt. Was auch immer ihr vorhabt, ihr kommt nie damit durch» und spuckte Pluto ins Gesicht. «Dafür wirst du bei den Schafen schlafen. Gute Nacht, du Mistkerl!», zischte Pluto angewidert, griff zielsicher an seine Gürtelschnalle und entsicherte seine Pistole. Der Schuss zerriss für einen Moment die Stille im Schulgebäude.

«Du bist also das Technik-Genie», sagte Shannon, die mit Helena jetzt vor dem Raum stand. Helena hatte kurz davor noch einen letzten Blick auf Zara geworfen. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen? Sie hatte den verängstigten Blick von Zara und den anderen gesehen und hoffte, dass ihnen nichts zustoßen würde, während sie weg war. Mit wiedergewonnener Willensstärke löste sie den Griff Shannons an ihrem Oberarm: «Was genau wollt ihr von uns, was soll das Ganze?» «Wie oft müssen wir das noch durchgehen. Du hilfst uns und danach kannst du gehen.»

Shannon verlor langsam die Geduld. «Wer´s glaubt, wird selig, wieso sollten wir euch vertrauen?» «Du willst dich und deine Freunde so schnell wie möglich aus der Situation rausbekommen? Gut, denn es liegt an dir! Je schneller du aufhörst, so dämliche Fragen zu stellen, desto einfacher wird alles.» Shannon, die trotz ihrer sonst ruhigen Art nicht wusste, wie sie mit dem Mädchen umgehen sollte, zog Helena nicht grob, aber sehr bestimmt den Gang hinunter, am Treppenhaus vorbei und in einen alten Abstellraum, in dem BitBiter ihre Arbeit machen sollte.

 

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